Bericht von Iris

 

Es ging alles ganz schleichend. Wenn ich mich zurückerinnere, hat sich die Dermatomyositis schon Monate im Voraus bei mir bemerkbar gemacht, ohne daß ich in diesen Momenten daran dachte, daß dies nicht normal sein könnte. Ich ging noch zur Schule. Die ersten Anzeichen, an welche ich mich erinnern kann, daß ich oft, schon als Kind, Sehnenscheidenentzündungen hatte (nach Ausheilen der Erkrankung nie wieder). Und es mir schwer fiel, mit den anderen z.B. zur Straßenbahn zu laufen. Sie gingen immer schneller als ich und ich mußte mich anstrengen, das Tempo zu halten. Dann beim Schulsport in allen Bereichen ging mir die Kraft aus. Sportlich war ich noch nie. Aber plötzlich fielen mir Dinge schwer, die sonst normal sind. Beim Volleyball die Arme nach oben zu strecken. Morgens vor der Schule mir hinten die Haare zusammenzubinden. Ich bekam die Arme nicht mehr richtig an den Kopf bzw. nur mit zunehmender und schließlich äußerster Anstrengung, sie waren schwer wie Blei.Treppen steigen fiel mir schwer, ich stolperte sie immer öfter hinauf. Auch stolperte ich immer öfter über Kabel, stieß irgendwo dagegen, mir fiel mehr aus der Hand, war allgemein ungeschickt, zu schreiben ging immer schwerer, mein Schriftbild veränderte sich.  Meine Haut an den Händen war bläulich-lila-marmoriert, wie schlecht durchblutet, immer kalt. Auch hatte ich ein ständiges Kältegefühl. Pfefferminzbonbons und auch Zahnpasta mit Pfefferminzgeschmack war mir zu scharf, ich benutzte lang die Kinderzahnpasta meiner Schwester, ohne mir Gedanken zu machen, daß es nicht normal ist. 3 Monate, bevor die Krankheit entdeckt wurde, bekam ich Pfeiffersches Drüsenfieber, welches mich sehr schwächte. Von da an ging es mir immer schlechter, ich wurde immer schwächer. Ich mußte jeden Tag zur Schule hin und zurück eine halbe Stunde Bus fahren. Ich konnte mich in den Kurven nicht mehr gerade halten, dazu fehlte die Kraft, meine Sitzhaltung war richtig schief. Irgendwann, ganz plötzlich, bekam ich Muskelschmerzen. Wie bei starkem Muskelkater merkte ich bei allen Bewegungen meine Muskeln. Nur in Ruhe waren keine Schmerzen vorhanden. Ich dachte aber auch zu diesem Zeitpunkt noch, es sei nur Muskelkater. Meine Stimme wurde schwächer. Ich hörte die Kirchturmglocken in irgendwie dunklerem Ton als sonst. Aus welchem Grund ich einen Arzt aufsuchte, weiß ich nicht mehr genau. Jedenfalls schob dieser meine Symptome auf das Pfeiffersche Drüsenfieber, welches anhand meiner Blutwerte noch nachweisbar war (Antikörper). Auch diese Krankheit kann sehr schwächen und über Wochen verlaufen. So lag ich dann 3 Wochen zu Hause. In diesen 3 wochen ging es mir rapide schlechter, meine Haut an den Innenseiten der Oberschenkel und der Arme rötete sich, juckte und brannte, es gab offene Stellen. Im Gesicht ein rot-lila Schmetterlingsexanthem. Mein Gesicht und Augenlider, Oberarme und Oberschenkel angeschwollen von Wassereinlagerungen. Entzündete Nagelränder. Meinen Kopf konnte ich in Rückenlage nicht mehr anheben. Fersenstand, Kniebeugen, gehen von längeren Strecken waren nicht mehr möglich. Ich ging wieder zum Arzt. Diesmal überwies er mich gleich ins Krankenhaus. Mein CK - Wert lag bei 2000 U/L, Leberwerte erhöht, Leber und Milz vergrößert, Lungenkapazität eingeschränkt. Ich bekam Schluckbeschwerden, konnte gwisse Dinge nicht mehr essen, ohne mich ernsthaft zu verschlucken. Am darauffolgenden Tag bekam ich Decortin 105 mg für 6,5 Wochen. Sofort linderten sich meine Muskelschmerzen. Die Wassereinlagerungen wurden ausgeschwemmt. Eine Muskelbiopsie wurde gemacht. Ich war pflegebedürftig, konnte mich nicht allein waschen, anziehen, Zähne putzen, vom Boden allein aufstehen. Es wurde mit Krankengymnastik begonnen, zunächst Vojta, welches man eigentlich bei Säuglingen anwendet und auf passive Art und Weise die Muskeln stärkt. Schon vorhandene, durch Inaktivität entstandene Muskelverkürzungen wurden gedehnt und konnten rückgängig gemacht werden. Durch das Cortison bekam ich Nebenwirkungen, Cushing, Schlaflosikeit, übersteigerten Appetit, psychische Auswirkungen (Euphorie, Aufräumtick) und vieles mehr. Nach 6,5 Wochen überlegte man eine Therapie mit MTX, dies wurde jedoch wieder verworfen und stattdessen der Versuch unternommen, erst das Decortin schrittweise zu reduzieren um erst bei Wiederaufflackern der Erkrankung mit MTX zu beginnen. Aber sie war weg. Das Cortison konnte ganz abgesetzt werden. 2 Jahre lang Krankengymnastik, die Kraft kam vollständig zurück, es gibt keine Einschränkungen mehr, die Krankheit ist ausgeheilt.