Die entzündlichen Muskelerkrankungen sind selten

Die Polymyositis, die Dermatomyositis und die ,,Einschlußkörpermyositis" sind die wichtigsten nicht erregerbedingten entzündlichen Muskelerkrankungen. Sie können manchmal mit anderen entzündlichen Bindegewebserkrankungen kombiniert auftreten. Beispiele für solche begleitende Erkrankungen sind die progressive Sklerodermie mit vorwiegendem Befall der Haut, die rheumatoide Arthritis (Gelenkentzündung), der Lupus erythematodes (ebenfalls eine kombinierte Erkrankung verschiedener Organsysteme) und das Sjögren-Syndrom (bevorzugter Befall der Speichel- und Tränendrüsen). Außerdem können die Polymyositis und vor allen Dingen die Dermatomyositis jenseits des 40. Lebensjahres mit einem - unter Umständen noch unentdeckten - Tumor vergesellschaftet sein (sogenannte paraneoplastische Formen). Diese Fälle sind zwar glücklicherweise selten, machen aber deutlich, daß in höherem Lebensalter ein zusätzlicher Tumor (vor allem Bronchialkarzinom beziehungsweise Brust- und Magenkrebs, seltener weitere Tumorformen) sorgfältig ausgeschlossen werden muß.

Symptome: Meist macht sich als erstes eine Muskelschwäche im Bereich des Becken- und auch des Schultergürtels bemerkbar. Häufig sind zum Beispiel bei Erstbefall der Beinmuskulatur Schwierigkeiten beim Treppensteigen oder Aufrichten aus einem tiefen Stuhl, bei Befall der Armmuskulatur Probleme beim Heben der Arme, etwa beim Haarekämmen. Die Muskulatur ist oft zumindest zeitweilig schmerzend und druckempfindlich. Die Schmerzhaftigkeit wird vor allem in der Tiefe der großen Arm- und Beinmuskeln angegeben und als überstarker; bzw. nicht durch entsprechende Belastungen erklärbarer Muskelkater geschildert, sie verstärkt sich unter Belastungen. Trotz der entzündlichen Ursache sind jedoch Muskelschmerzen kein regelmäßiges Symptom dieser Erkrankung, bei akuten Formen findet man sie häufiger, bei chronischen Stadien können sie völlig fehlen. In schweren Fällen kommen zusätzlich Schluckstörungen oder sogar eine Atemschwäche hinzu. Neben der Muskulatur können auch andere innere Organe insbesondere der Herzmuskel, betroffen sein. Bei der Dermatomyositis werden die Muskelsymptome von einem Hautausschlag begleitet. Es handelt sich hierbei im frischen Stadium um rötlich-bläuliche, oft ausgesprochen lilafarbene Hautverfärbungen an charakteristischen Stellen, zum Beispiel an den Augenlidern, Wangen, am Hals, am vorderen Brustkorb oder an den Streckseiten von Armen und Beinen; an den Fingern sowie Fingernägeln treten weitere charakteristische Veränderungen auf. Nach heutiger Kenntnis gehören die nicht erregerbedingten entzündlichen Muskelerkrankungen zu den Autoimmunerkrankungen. Bei diesen Krankheiten attackiert das Immunsystem, dessen eigentliche Aufgabe in der Abwehr und Bekämpfung körperfremder Krankheitserreger besteht, sozusagen ,,irrtümlich" eigenes Gewebe. Bei der Dermatomyositis richtet sich dieser Angriff wahrscheinlich in erster Linie gegen kleine, für die Ernährung von Haut und Muskel wichtige Blutgefäße. Das bedingt eine sogenannte Vaskulitis, das heißt eine im Gewebe unter dem Mikroskop erkennbare Entzündung in diesem Bereich. Durch die dadurch bedingte Beeinträchtigung der Blutversorgung werden Haut und Muskeln indirekt geschädigt.Bei der Polymyositis und der Einschlußkörpermyositis werden die Muskelfasern hingegen direkt geschädigt. Bei der mikroskopischen Untersuchung der Muskelbiopsie kann man beobachten, wie sich sogenannte zytotoxische T-Lymphozyten (eine besondere Form der weißen Blutkörperchen) in viele Muskelfasern hineinbohren und diese zerstören. Neuerdings ist es möglich, solche L-Linien aus den kleinen, bei der Biopsie gewonnenen Gewebsproben zu isolieren und im Reagenzglas weiterzuzüchten. Durch solche und ähnliche Untersuchungen kann es gelingen, herauszufinden, warum die bei der Abwehr gegen Krankheitserreger so nützlichen Zellen außer Kontrolle geraten.Bei der Einschlußkörpermyositis wurde zunächst angenommen, es handle sich um eine durch besondere Viren hervorgerufene abnorme Immunreaktion. Neueste Untersuchungen von Forschern aus den USA können diese ,,Virushypothese" jedoch nicht bestätigen. Die erwähnten Symptome der entzündlichen Muskelerkrankungen können in ähnlicher oder sogar in gleicher Form auch bei anderen Erkrankungen, zum Beispiel bei erblichen Muskeldystrophien, vorkommen. Für die Diagnosestellung ist der Arzt auf zusätzliche Untersuchungen angewiesen. Dazu gehören Blutuntersuchungen, die Entzündungszeichen verraten können. Im Blutserum werden außerdem die Muskelenzyme (vor allem Kreatinkinase) bestimmt, die aus zerstörten Muskelfasern freigesetzt werden und somit Aufschluß über die Krankheitsaktivität geben können. Bei der Elektromyographie wird mit einer feinen Nadel die bioelektrische Aktivität einzelner Muskelfasergruppen bestimmt. Auch moderne bildgebende Verfahren, insbesondere die Kernspintomographie, lassen den Verdacht auf eine entzündliche Muskelkrankheit weiter untermauern und gegebenenfalls auch eine geeignete Stelle für die Muskelbiopsie auswählen. Die im Falle der entzündlichen Muskelkrankheiten aufschlußreichste Zusatzuntersuchung ist die Muskelbiopsie. Hierbei wird unter lokaler Betäubung ein kleines, etwa bohnengroßes Muskelstückchen entnommen und für die mikroskopische Untersuchung aufbereitet. Charakteristisch für die entzündliche Muskelerkrankungen ist der mikroskopische Nachweis bestimmter weißer Blutkörperchen (Lymphozyten), die aus den Blutgefäßen austreten und in das umgebende Muskelgewebe eindringen. Eine heutigen Qualitätskriterien entsprechende Muskelbiopsie beinhaltet neben der üblichen histologischen Untersuchung zusätzliche, am Gefrierschnitt durchzuführende enzym- und immunhistologische Techniken, weiterhin sollte stets eine kleine Probe der Biopsie für eine mögliche elektronenmikroskopische Untersuchung (besonders wichtig im Falle der Dermatomyositis sowie insbesondere der Einschlußkörpermyositis) entsprechend fixiert und aufbewahrt werden. Mit den heutigen Behandlungsmöglichkeiten läßt sich in den meisten Fällen (90 bis 95%) eine deutliche Besserung, nicht selten sogar eine völlige Heilung erzielen. Behandelt wird mit Kortison, Immurek, bei der Dermatomyositis und Einschlußkörpermyositis auch mit hochdosierten intravenösen Inmunglobulinen -Behandlung in Frage.

Entnommen der Seite : http://www.neuro24.de/muskel.htm

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